NOVELLE DES WOHNUNGSEIGENTUMSGESETZES


Wie Sie wahrscheinlich bereits aus den Medien entnommen haben, hat die Aktualisierung des
Wohnungseigentumsgesetzes (kurz WEG-Novelle 2022) einige bemerkenswerte Änderungen bewirkt:
 

Erleichterung bei der Umsetzung bestimmter Maßnahmen

Bislang scheiterten Änderungswünsche einzelner Wohnungseigentümer häufig an der Zustimmung anderer
Wohnungseigentümer (beispielsweise bauliche Änderung oder Inanspruchnahme allgemeiner Teile der Liegenschaft). Zumeist liegt dem gar nicht eine konkrete und durchdachte Ablehnungshaltung der anderen zugrunde, sondern schlichtes Desinteresse, sich mit dem Änderungsanliegen des Projektanten auseinanderzusetzen und sich zu dessen Zustimmungsersuchen zu äußern. Die Gesetzesnovelle legt nunmehr eine Zustimmungsfiktion fest, indem bei den nachstehend begünstigten Maßnahmen das Schweigen der anderen unter bestimmten Voraussetzungen als Zustimmung gilt.
 

Privilegierte Maßnahmen

  • Barrierefreie Ausgestaltung eines Wohnungseigentumsobjektes bzw. von allgemeinen Teilen der Liegenschaft 
  • Errichtung von E-Ladestationen zum Langsamladen (mittels Wallbox einphasiges Laden mit einer  Ladekapazität bis höchstens 3,7 kW bzw. dreiphasiges Laden mit einer Ladekapazität bis höchstens 5,5 kW)
  • Anbringung einer Solaranlage an einem Reihenhaus oder Einzelgebäude
  • Vorrichtungen zur Beschattung eines Wohnungseigentumsobjekts (Jalousien, Markisen, Rollläden oder sonstige Beschattungssysteme), sofern sie sich in das Erscheinungsbild des Hauses harmonisch einfügen
  • Einbau von einbruchssicheren Türen

Um die Wirkungen der Zustimmungsfiktion auszulösen, muss der Änderungswillige die übrigen
Wohnungseigentümer von der geplanten Änderung (in klarer und verständlicher Weise unter Hinweis der
Rechtsfolgen) verständigen. Die verständigten Wohnungseigentümer haben zwei Monate nach Zugang der Verständigung Zeit, um Widerspruch gegen die geplante Maßnahme zu erheben. Falls innerhalb dieser Frist kein Widerspruch erfolgt, gilt die Zustimmung zu der angekündigten Änderung als erteilt. Das Schweigen der übrigen Wohnungseigentümer gilt somit als Einverständnis zu dieser Maßnahme.
 

Änderung der Willensbildung

Ab 1.7.2022 gelten für die Beschlussfassung in der Eigentümergemeinschaft folgende neue Bestimmungen:
Für die Mehrheit der Stimmen der Wohnungseigentümer ist

a) wie bisher entweder die Mehrheit aller Miteigentumsanteile oder als neue Möglichkeit der Mehrheitsfindung

b) die Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen, ebenfalls berechnet nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile, erforderlich. Im zweitgenannten Fall b) muss die Mehrheit außerdem zumindest ein Drittel aller Miteigentumsanteile erreichen.


Mindestdotierung der Rücklage (EUR 0,90/m 2-Nutzfläche)

Die monatlichen Beiträge zur Rücklage insgesamt müssen zumindest jenen Geldbetrag erreichen, der sich aus der Multiplikation der Nutzfläche aller Wohnungseigentumsobjekte mit dem Betrag von 90 Cent ergibt. Der sich danach errechenbare Gesamtbetrag ist nach dem Verhältnis aller Miteigentumsanteile für die einzelnen Wohnungseigentümer aufzuteilen.
Nachstehende Ausnahmen von der Mindesteinhebung gibt es: 

  • wenn die Dotierung in dieser Höhe zur Bildung einer angemessenen Rücklage nicht erforderlich ist (wegen des besonderen Ausmaßes der bereits vorhandenen Rücklage oder wegen einer erst kurz zurückliegenden Neuerrichtung oder durchgreifenden Sanierung des Gebäudes).
  • wenn im Fall einer Reihen- oder Einzelhausanlage die Wohnungseigentümer die Erhaltungspflicht vertraglich übernommen haben

Der Verwalter ist weiterhin verpflichtet, eine angemessene Rücklage einzuheben, weshalb diese auch deutlich über der Mindestdotierung liegen kann.
 

Weitere Änderungen

  • Möglichkeit zur direkten Einmalzahlung statt Kreditaufnahme (beispielsweise bei Generalsanierungen des  Gebäudes)
  • Folgekostentragungspflicht des Wohnungseigentümers, der eine Änderung vorgenommen hat (Tragung der Mehrkosten, die zur Erhaltung der allgemeinen Teile der Liegenschaft durch die Änderung entstehen)

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